Probleme mit der Ausbildung? Schlichtungsstelle für das Fahrschulwesen Baden-Württemberg

Der Fahrlehrerverband, ADAC, ACE und TÜV haben im Jahr 1999 eine Schlichtungsstelle für das Fahrschulwesen eingerichtet. Die Tätigkeit dieser Einrichtung - es ist die erste dieser Art in Deutschland – erstreckt sich auf das Land Baden-Württemberg.

Die Schlichtungsstelle für das Fahrschulwesen hat die Aufgabe, Streitigkeiten aus Ausbildungsverträgen zwischen Fahrschülern und Fahrschulen, deren Inhaber oder verantwortliche Leiter Mitglied des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. sind, möglichst gütlich beizulegen oder zu entscheiden.

Was wird beanstandet?

An erster Stelle aller Beanstandungen steht mangelhafte Transparenz der Ausbildung.

Das heißt, die Fahrschüler werden über den Stand der Ausbildung im Unklaren gelassen, insbesondere werden noch vorhandene Schwächen und noch zu übende neue Ausbildungsinhalte nicht klar benannt. Auch die Frage nach den voraussichtlich noch erforderlichen Fahrstunden bis zur Prüfungsreife wird nicht oder nur ausweichend beantwortet.

An zweiter Stelle stehen Ärgernisse wegen vertraglicher Vereinbarungen und Kosten:

  • Es werden keine oder unklare Ausbildungsverträge vorgelegt,
  • Schüler erhalten trotz Anforderung bei Abschluss der Ausbildung keine Gesamtrechnung,
  • nach nicht bestandener praktischer Prüfung wird ein weiterer Teilgrundbetrag erhoben.

An dritter Stelle stehen die folgenden Beanstandungen:

  • Der Fahrlehrer erledigt während der Fahrstunde private Einkäufe oder Behördengänge, ohne zuvor den Fahrschüler über dadurch bedingte Zeitverluste zu informieren; in manchen Fällen wurde die verlorene Zeit sogar berechnet.
  • Der Fahrlehrer telefoniert während der Ausbildung.
  • Theorie-Unterricht oder Fahrstunden fallen aus, ohne dass die Schüler rechtzeitig informiert werden.
  • Häufiger Wechsel des Fahrlehrers wegen Beschäftigung mehrerer Aushilfsfahrlehrer.

Die Schlichtungsstelle soll den Fahrschülern in Baden-Württemberg die Sicherheit geben, berechtigte Beanstandungen ohne die Gefahr von Nachteilen vorbringen zu können.

So erreichen Sie die Schlichtungsstelle:

Schlichtungsstelle für das Fahrschulwesen
c/o Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V.
Zuffenhauser Straße 3
70825 Korntal-Münchingen

Tel. 0711 / 839875-21
Fax 0711/ 83 80 211
oder über unser Kontaktformular ...

 

Die Geschäfts- und Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle für das Fahrschulwesen finden Sie hier ...

Auf Einladung des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. trafen sich die Vertreter des ADAC Württemberg, des TÜV Süddeutschland und des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. um die Errichtung einer Schlichtungsstelle für das Fahrschulwesen zu erörtern. Sie vereinbarten die folgende

Geschäfts- und Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle für das Fahrschulwesen

§ 1 Aufgaben, Tätigkeitsbereich

Die Schlichtungsstelle für das Fahrschulwesen hat die Aufgabe, Streitigkeiten aus Ausbildungsverträgen zwischen Fahrschülern und Fahrschulen, deren Inhaber oder verantwortliche Leiter Mitglied des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. sind, möglichst gütlich beizulegen oder zu entscheiden.

§ 2 Organisation der Schlichtungsstelle

  1. Die Schlichtungsstelle hat eine Geschäftsstelle und eine Schlichtungskommission.
  2. Die Geschäftsstelle wird beim Vorstand des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V., Zuffenhauser Straße 3, 70825 Korntal-Münchingen, geführt.
  3. Die Schlichtungskommission besteht aus drei Mitgliedern, und zwar aus
    a) einem Vertreter des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.,
    b) einem Vertreter eines Automobilclubs,
    c) einem Vertreter des TÜV Süddeutschland.
  4. Für jedes Mitglied ist mindestens ein Stellvertreter zu benennen.
  5. Die Kommissionsmitglieder bestimmen unter sich einvernehmlich den Vorsitzenden.
  6. Die Amtszeit der Mitglieder der Schlichtungskommission beträgt drei Jahre, erneute Amtszeiten sind zulässig.

§ 3 Anrufung der Schlichtungsstelle

  1. Die Schlichtungsstelle wird auf Anrufung durch den Fahrschüler oder durch den Fahrschulinhaber/verantwortlicher Leiter tätig. Die Anrufung erfolgt durch die Einreichung eines Schriftsatzes (Anrufungsschrift) bei der Schlichtungsstelle. Die Anrufung muss unverzüglich nach Kenntnis des Streitpunktes, spätestens aber vor Ablauf von drei Monaten seit Abschluss der Ausbildung erfolgen.
  2. Die Anrufungsschrift soll folgende Angaben enthalten:
    a) Name und Anschrift des Fahrschülers, der Fahrschule sowie des Inhabers bzw. des verantwortliches Leiters der Fahrschule,
    b) Bezeichnung der Führerscheinklasse,
    c) kurze Schilderung der Beanstandung und des ihr zugrunde liegenden Sachverhaltes,
    d) Benennung eventueller Beweismittel,
    e) Einen bestimmten – bei Geldforderungen betragsmäßig bezifferten – Antrag.

§ 4 Vorprüfung

  1. Nach Eingang der Anrufungsschrift prüft die Geschäftsstelle, ob die Anrufung nach den Bestimmungen des § 1 und des § 3 Abs. 1 Satz 3 zulässig ist. Bei Unzulässigkeit weist sie den Antrag unter Angabe des Grundes schriftlich ab.
  2. Wenn die Anrufungsschrift unvollständig ist, fordert die Geschäftsstelle den Antragsteller unter Setzung einer kurzen, auf Antrag verlängerbaren Frist auf, diese zu ergänzen. Kommt der Antragsteller dem nicht nach, so kann die Geschäftsstelle die Anrufung unter Angabe des Grundes schriftlich zurückweisen. Entsteht Streit über die Entscheidung der Geschäftsstelle, entscheidet die Schlichtungskommission.
  3. Ist die Anrufung zulässig, übersendet die Geschäftsstelle die Anrufungsschrift unverzüglich dem Beschwerdegegner zur Stellungnahme. Diesem ist eine Frist von zwei Wochen zu setzen, binnen deren er sich zu erklären hat, ob er dem Schlichtungsverfahren beitritt. Tritt der Beschwerdegegner dem Schlichtungsverfahren bei und erfolgt nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Absendung der Anrufungsschrift eine Einigung, legt die Geschäftsstelle den Vorgang mit sämtlichen Unterlagen dem Vorsitzenden der Schlichtungskommission vor.
  4. Die Geschäftsstelle unterrichtet die Mitglieder der Schlichtungskommission über alle eingehen Anrufungen.

§ 5 Schlichtungskommissionsverfahren

  1. Die Schlichtungskommission befindet aufgrund von mündlichen Verhandlungen. Der Vorsitzende kann von einer mündlichen Verhandlung absehen
    a) mit Zustimmung der Parteien,
    b) auf Antrag einer Partei, wenn ihr nach den Umständen und der Bedeutung der Sache das Erscheinen zu einer mündlichen Verhandlung nicht zugemutet werden kann und von einer mündlichen Verhandlung keine zusätzlichen, bedeutsamen Erkenntnisse zu erwarten sind.
  2. Der Vorsitzende der Schlichtungskommission bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und lädt die Parteien unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen. Den Parteien wird in der Ladung anheimgestellt, etwaige Auskunftspersonen mitzubringen. Bei Zustimmung der Parteien braucht die Ladungsfrist nicht eingehalten zu werden.
  3. Die Verhandlung vor der Schlichtungskommission ist nicht öffentlich. Der Vorsitzende kann bei Vorliegen eines berechtigten Interesses Dritten die Anwesenheit gestatten.
  4. Die mündliche Verhandlung sollte durch Schriftsätze so vorbereitet werden, dass die Sache möglichst in einer Verhandlung erledigt werden kann. Die jeweils andere Partei erhält von eingehenden Schriftsätzen eine Schriftsatzkopie.
  5. Das Verfahren soll nach längstens drei Monaten seit Anrufung der Schlichtungsstelle abgeschlossen sein.

§ 6 Schlichtungsvergleich

  1. Die Kommission unterbreitet den Parteien entsprechend dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und einer eventuellen Beweisaufnahme einen bestimmten Vorschlag für eine Erledigung der Sache durch Vergleich.
  2. Stimmen die Parteien einem Vergleich zu, so wird der Vergleichstext in dreifacher Ausfertigung protokolliert, vorgelesen, von den Parteien genehmigt und vom Vorsitzenden unterzeichnet. Jede Partei erhält eine Ausfertigung.

§ 7 Schlichtungsspruch

  1. Die Schlichtungskommission kann den Antrag aus formellen Gründen zurückweisen oder in der Sache entscheiden.
  2. Die Schlichtungskommission fasst ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der Stimmen ihrer Mitglieder.
  3. Der Schlichtungsspruch ist schriftlich abzufassen. Die Begründung kann mündlich erfolgen. Jede Partei erhält eine Ausfertigung.
  4. Durch den Schlichtungsspruch wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen.
  5. Ein weiteres Schlichtungsverfahren in derselben Sache ist ausgeschlossen.

§ 8 Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung

Erscheint eine Partei oder ein von ihr bevollmächtigter Vertreter trotz ordnungsgemäßer Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht, entscheidet die Schlichtungskommission nach Aktenlage sowie nach dem Ergebnis einer etwaigen Beweiserhebung unter Berücksichtigung des Vorbringens der erschienenen oder vertretenen Partei.

§ 9 Kosten

  1. Für die Inanspruchnahme der Schlichtungsstelle werden keine Kosten erhoben.
  2. Eine Erstattung der Kosten, die den Beteiligten oder deren Vertretern, Zeugen oder sonstigen Auskunftspersonen entstehen, erfolgt nicht.

§ 10 Inkrafttreten

Diese Geschäfts- und Verfahrensordnung tritt am ersten Tag des auf ihre Veröffentlichung in der Fahrschulpraxis folgenden Kalendermonats in Kraft.

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Hinweis: Die Geschäfts- und Verfahrensordnung wurde in der FahrSchulPraxis, Ausgabe 10/1999, S. 518-520, veröffentlicht und trat am 01.11.1999 in Kraft.